Neubau der A 71 - bessere Infrastruktur für Südthüringen

Der vorliegende Planfeststellungsabschnitt der BAB A 71 beginnt westlich des künftigen Autobahndreiecks bei Suhl (A 71/A 73) und endet südlich der künftigen Anschlußstelle Rohr/Meiningen. Diese Teilstrecke ist 13,8 km lang und wird vierstreifig (plus Standstreifen) mit einem Regelquerschnitt (RQ) von 26 m Kronenbreite ausgeführt.
Der erste Abschnitt dieser Verkehrseinheit (VKE) verläuft im Bereich des Südthüringer Buntsandstein-Waldlandes. Um die Verluste zusammenhängender Waldflächen zu minimieren, wurde auf eine gestreckte Gradientenführung verzichtet und statt dessen eine an das Gelände angepaßte Höhenlage gewählt.
Die höhenmäßige Anpassung über die gesamte Querung des Höhenrückens westlich des Albrechtsgrabens bedingt einen Tiefpunkt im Bereich des Seßlerstals. Nach dem Anstieg zwischen Seßlerstal und Schaftalsgrund folgt die Trasse der Kammlage zwischen Schaftalsgrund und Gickelberg. Ab hier verläuft die Trasse fortan im Offenlandbereich des Naturraumes der Meininger Kalkplatten bzw. des Meininger Hildburghäuser Triaslandes.

Ökologische Aspekte bestimmten Linienführung

Für den zweiten Teilabschnitt (ab km 102,8) ergab sich infolge einer Maßgabe des Raumordnungsverfahrens (ROV) eine Trassenverschiebung im Bereich des Roten Tals nordwestlich von Rohr. Gegenüber der ursprünglich geplanten "Südvariante" (ROV-Linie) erhielt nach erneutem Variantenvergleich und sorgfältiger Prüfung aller relevanten Faktoren eine "Nordvariante", die das Rote Tal weitgehend umfährt und an seiner schmalsten Stelle quert, den Vorzug. Diese Variante ist zwar 350 m länger und verursacht etwas höhere Kosten, weist aber aus ökologischer Sicht deutliche Vorteile gegenüber der ROV-Linie auf: besserer Arten- und Biotopschutz, geringere Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und damit günstiger hinsichtlich der Erholungseignung des Roten Tals und des Wohnumfeldes. Aus verkehrlicher und raumordnerischer Sicht sind beide Varianten gleichwertig.
Die Streckencharakteristik der A 71 ist im Planungsbereich durch die Hügellandschaft des Thüringer Waldes und seinen Seitentälern mit zum Teil kleinen Wasserläufen geprägt. Die gewählten Trassierungselemente in Lage und Höhe erfordern auf der einen Seite den Bau einer Vielzahl von Talbrücken, Über- und Unterführungsbauwerken. Gleichzeitig aber gewährleistet diese Planung einen homogenen Verkehrsablauf auf einer sicheren und leistungsfähigen Autobahn bei geringstmöglicher Beeinträchtigung des ökologisch sensiblen Naturraums "Thüringer Wald".

Talbrücke Albrechtsgraben (765 m)

Das größte Bauwerk im vorliegenden Streckenabschnitt überspannt den Wasserlauf Albrechtsgraben, die Landesstraße L 2630 sowie mehrere Forstwege. Maximale lichte Höhe: 74 m.

Talbrücke Seßlerstal (340 m)

Das Bauwerk kreuzt einen ökologisch wertvollen Wiesenbereich mit einem Bachlauf sowie zwei Forst- und Wirtschaftswege. Zur Minimierung des Eingriffs im Talbereich werden Feldweiten von bis zu 120 m ausgebildet. Maximale lichte Höhe: 50 m.

Talbrücke Schaftalsgrund (523 m)

Maximale lichte Höhe: 53 m

Talbrücke Streitschlag (300 m)

Maximale lichte Höhe: 31 m. Beide Bauwerke liegen in dicht bewaldetem Gebiet. Ökologisch sensible Bereiche werden nicht berührt.

Talbrücke Schwarza (665 m)

Mit Stützweiten von bis zu 85 m kreuzt das Bauwerk den Wasserlauf der Schwarza sowie die Landesstraße L 1131. Das für die Landwirtschaft wertvolle Tal wird durch die besonders im unmittelbaren Bereich der Schwarza und der angrenzenden Talauen sowie an den Trockenhängen geschützt. Maximale lichte Höhe: 65 m.

Talbrücke Rotes Tal (398 m)

Mit dem Brückenbauwerk wird der ökologisch wertvolle Talbereich überspannt. Der landesweit bedeutende Lebensraum für Flora und Fauna bleibt so weitestgehend erhalten. Maximale lichte Höhe: 16 m.

Talbrücke L 1140/Steinbruch (447 m)

Das Bauwerk überspannt die Landesstraße L 1140 und einen Teil des Steinbruchs bei Rohr. Maximale lichte Höhe: 44 m.

Anschlußstelle Rohr/Meiningen

Die Anschlußstelle liegt im Bereich des Hochplateaus südlich der Landesstraße L 1140. Hie rerfolgt die Anbindung der geplanten Ortsumgehung Meiningen an die A 71. Das nachgeordnete Netz erhält Anschluß an die Autobahn über die L 1140 aus Richtung Meiningen und die L 1131 aus Richtung Schwarza.

Ortsdurchfahrten werden spürbar vom Verkehr entlastet

Die vorhandenen Bundes- und Landesstraßen im Bereich des Planfeststellungsabschnitts (B 247, B 19, B 280, B 89, L 1140, L 1131) sind bereits heute stark belastet, insbesondere die Ortsdurchfahrten vielfach überlastet. Verkehrsuntersuchungen zufolge (zuletzt aktualisiert im Oktober 1997) wird der Bau der A 71/A 73 zu erheblichen Verringerungen der Verkehrsmengen auf den nachgeordneten Straßen im Raum Zella-Mehlis/Suhl/Meiningen führen. So beträgt die Entlastung der B 247 im Zella-Mehlis Richtung Suhl gegenüber dem "Nullfall" (= kein Neubau der Autobahn) ca. 14.000 Kfz/24 h. Die B 280 Richtung Meiningen wird um 4.000 bis 5.000 Kfz/24 h entlastet. Rund 7.000 Pkw und Lkw fahren dann täglich weniger auf der L 1140 durch Mäbendorf, Dietzenhausen, Wichtshausen, Dillstädt und Rohr, 10.000 Kraftfahrzeuge weniger durch das Stadtzentrum von Meiningen.
Insbesondere für die Anwohner, aber auch für die Verkehrsteilnehmer bedeutet dies eine wesentliche Senkung der Lärm- und Schadstoffbelastungen und ein deutlich geringeres Unfallrisiko.

Höchste Priorität für die Belange der Umwelt

Der Planungsraum gehört zwei naturräumlichen Einheiten an:
1. Das südthüringische Bundsandstein-Waldland wird von den durch Erosion entstandenen Tälern und Einschnitten geprägt. Es ist - mit Ausnahme der offenen Talbereiche - fast ausschließlich mit forstwirtschaftlich genutztem Wald bestanden. Dieser Wald hat wesentliche Bedeutung für den Schutz des Bodens und für die Regulation des Wasser- und Klimahaushaltes der Landschaft und bietet einen relativ ungestörten Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere sowie für den erholungssuchenden Menschen. Als besonders wertvolle und schützenswerte Lebensräume sind das Seßlerstal und die Homerswiesen zu  nennen.
2. Etwa auf Höhe der Linie Schwarza/Dillstädt schließt der Naturraum der sog. Meininger Kalkplatten an. Hier handelt es sich um ein Offenland, das geprägt ist von Hochflächen und den sie zerteilenden Tälern von Schwarza, Hasel (und Werra). Die Hochflächen werden zum größten Teil ackerbaulich genutzt, die Talräume dienen überwiegend der Wiesen- und Weidenutzung. Durch die kaum bis extensiv genutzten Hanglagen der Täler und die Waldreste auf der Kuppe ist die Landschaft dennoch recht gut strukturiert. Lebensräume mit sehr hoher Bedeutung sind: der Gickelberg, Schwarza- und Haseltal, das Rote Tal sowie Karzen- und Leichenberg.

Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP)

Im LBP und in den ergänzenden Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit sind Bestand und Wertigkeit von Natur und Landschaft dargestellt. Aus dieser Basis werden die durch Bau und Betrieb der Autobahn bedingten Konflikte ermittelt und bewertet. Als Konfliktursachen sind hier in erste Linie die Versiegelung und Überformung von Flächen durch die Autobahn und ihre Nebenanlagen zu nennen. Hinzu kommen die vom Verkehr ausgehenden sog. randlichen Beeinträchtigungen wie Schadstoffeinträge, Verlärmung und Zerschneidung von Lebensräumen.
Soweit diese Konflikte nicht durch Optimierung von Trassierung und Bauwerken vermieden bzw. vermindert werden können, sind die verbliebenden erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu kompensieren.
Diese Maßnahmen unterscheiden sich nach den zuvor genannten Naturräumen: Im Bundsandstein-Waldland stehen die Verbesserung und Stabilisierung der Waldfunktion, die Wiederherstellung und Entwicklung der natürlichen Baumartenvielfalt sowie die Entwicklung von Sonderstandorten - das sind die offenen und bewaldeten Täler - im Vordergrund. Im Kalk-Offenland sollen die Maßnahmen der Erhaltung und Entwicklung der Kalk-Halbtrockenrasen, der Biotopvernetzung und der Schaffung bzw. Vergrößerung extensiv genutzter Bereiche zur Stabilisierung des Naturhaushaltes dienen.
Der Flächenumfang der Kompensationsmaßnahmen beläuft sich auf insgesamt rund 302 ha. Davon entfallen ca. 117 ha auf waldbauliche Maßnahmen, ca. 185 ha betreffen das Offenland, inklusive rund 38 ha Ackerflächen.
Diese Flächen werden jedoch nicht vollständig einer weiteren Nutzung entzogen. Vielmehr sind gerade die Maßnahmenflächen im Offenland auf eine weitere, allerdings extensive Form der Bewirtschaftung angewiesen. Es ist daher vorgesehen, die Form bzw. Intensität der Bewirtschaftung (z.B. Umwandlung von Acker in Grünland sowie entsprechende Nutzungsbeschränkungen) durch die grundbuchliche Eintragung von Dienstbarkeiten dauerhaft zu sichern. Damit bleiben die betreffenden Flächen weiterhin im Besitz des bisherigen Eigentümers. Sollte dieser jedoch die Flächen veräußern wollen, ist auch ein Erwerb zu Lasten der Bundesstraßenverwaltung möglich.

Daten und Fakten (VKE 5321)
 
 
Länge: 13,8 km
Regelquerschnitt: 26,0 m
Bodenbewegung: lokaler Massenausgleich bei 240.000 m3 zusätzlichem Bedarf
Bauwerke: 17 Brückenbauwerke, darunter 7 Talbrücken:
- Albrechtsgraben 765 m
- Seßlerstal 340 m
- Schafstalgrund 523 m
- Streitschlag 300 m
- Schwarzatal 665 m
- Rotes Tal 398 m
- L 1140/Steinbruch 447 m
Anlagen: 1 Parkplatz mit WC je Fahrtrichtung
Flächenbedarf: ca. 86 ha Trasse
ca. 14 ha vorübergehend für den Bau
ca. 302 ha Kompensationsflächen
Kosten: - 298 Mio. DM (Brückenbauwerke)
- 102 Mio. DM (Strecke inkl. Parkplätze)
Prognose -
Verkehrsbelast.:
36.200 Kfz/24h (durchschnittl. tägliche Verkehrsmenge im Jahr 2010)
Planung: BGS, Hannover